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27.09.2011 09:46

Missbrauchter Pförtner: Wie Viren in den Zellkern gelangen

Adenoviren lösen Atemwegserkrankungen aus und sind für den Menschen gefährlicher als bisher angenommen wurde. Sie manipulieren Pförtner-Moleküle und dringen mit Hilfe der Wirtszelle in deren Zellkern ein. Ein Forschungsteam unter Leitung von Zellbiologen und Virologen der Universität Zürich konnte diesen Mechanismus erstmals im Detail nachweisen.


Sie sind eines der Erfolgsmodelle der Evolution, und es gibt sie seit Urzeiten: Viren. Viren sind enorm anpassungsfähig, doch sie haben ein Problem: Sie können sich nicht selbst vermehren, sondern schleusen ihre Gene in die Wirtszellen ein. Im Falle von manchen Viren muss die virale DNA zur Vermehrung in den Zellkern gelangen. Das ist seit bald fünfzig Jahren bekannt. Man weiss zum Beispiel, dass das Adenovirus dazu in einem ersten Schritt seine Proteinhülle ablegt. Doch die Fragen, wie und wodurch das Enthüllen der DNA gesteuert wird, und wie der Vorgang des Einschleusens abläuft, blieben trotz jahrzehntelanger Forschung unbeantwortet. Jetzt ist es einer Forschungsgruppe unter der Leitung von Urs Greber, Zellbiologe an der Universität Zürich, gelungen, diese Punkte zu klären. Wie die Wissenschaftler in ihrem kürzlich im Magazin Cell Host & Microbe veröffentlichten Artikel zeigen, sind die Viren auf die Hilfe der Zelle selbst angewiesen.

Das Virus dockt sich an ein Pförtner-Molekül an, das am Kernporenkomplex in der Zellkernmembran sitzt und den Zugang in und aus dem Kern kontrolliert. Ein anderes Protein des Kernporenkomplexes bindet und aktiviert ein Motorprotein der Kinesin-Familie, das den Stofftransport in der Nähe des Kerns regelt.

Virus-DNA wird mit Hilfe der Wirtszelle enthüllt
«Das Motorprotein befindet sich in einem aktivierten Zustand, kann an Mikrotubuli binden und entlang der Mikrotubuli wandern» erläutert Professor Greber die Beobachtungen seines Teams. Und genau diese Situation nutzt das angedockte Virus für seine Zwecke. Das Virus bindet an das Kinesin und nützt auf diese Weise die Energie des Motors aus, um seine Hülle zu zerreissen. Die Virus-DNA wird dadurch enthüllt, bereit für den Transport in den Zellkern. Die Aktion des aktivierten Motors hat noch eine andere Wirkung: Die Zellkern-Pore reisst auf und wird so markant vergrössert. Dadurch kann die virale DNA leichter in den Zellkern gelangen. Erstaunlicherweise repariert die Zelle die defekte Kernpore, so dass der Viruseinbruch in den Kern scheinbar keinen Schaden hinterlässt. Die virale DNA wird also praktisch spurlos in den Kern eingeschleust und kann sich dort bequem vervielfältigen.

Für ihre Untersuchungen setzten die Forscher Adenoviren ein. Adenoviren lösen u.a. Atemwegserkrankungen oder epidemische Augenentzündungen aus, und galten bis vor kurzem für gesunde Menschen als vergleichsweise harmlos. Forschungsresultate einer andern Gruppe haben jedoch kürzlich gezeigt, dass ein neuartiges Adenovirus eine gefürchtete Zoonose auslöste, also von einem Tier auf Menschen übertragen und anschliessend von Mensch zu Mensch wurde

Literatur:
Sten Strunze, Martin F. Engelke, I-Hsuan Wang, Daniel Puntener, Karin Boucke, Sibylle Schleich, Michael Way, Philipp Schoenenberger, Christoph J. Burckhardt, and Urs F. Greber, Kinesin-1-Mediated Capsid Disassembly and Disruption of the Nuclear Pore Complex Promote Virus Infection, in: Cell Host & Microbe 10, 210–223, September 15, 2011, DOI 10.1016/j.chom.2011.08.010.


Kontakt
Prof. Urs Greber, Universität Zürich, Institut für Molekulare Biologie, Tel. +41 44 635 48 41, E-Mail urs.greber (at) imls.uzh.ch


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