Epikur, bioinspiriertes Machine Learning und Glück - Gastprofessorin Eleni Vasilaki

Eleni Vasilaki

Eleni Vasilaki ist seit dem 1. September Inge-Strauch-Gastprofessorin am Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich und der ETH Zürich.  
 

Die gebürtige Griechin Eleni Vasilaki ist eine britische Wissenschaftlerin auf dem Gebiet des bioinspirierten Machine Learnings an der University of Sheffield, UK. Seit dem 1. September ist sie Inge-Strauch-Gastprofessorin am Institut für Neuroinformatik der Universität Zürich und der ETH Zürich. Ziel der Inge-Strauch-Gastprofessur ist es, dem wissenschaftlichen Nachwuchs bekannte Frauen aus der Forschung als Vorbilder zu präsentieren. Vasilaki ist nach der Mathematikerin Laure Saint-Raymond die zweite Gastprofessorin an der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät (MNF). 
 

Frau Vasilaki, Sie sind Inge-Strauch-Gastprofessorin an der MNF. Diese hat zum Ziel, dem wissenschaftlichen Nachwuchs der Fakultät renommierte Forscherinnen als Vorbilder zu präsentieren. Wie fühlen Sie sich in dieser Vorbildfunktion?

Eleni Vasilaki (EV): Ich bin kein Fan des Vorbild-Konzepts und möchte auch keines sein, und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen gehe ich in vielen Bereichen sicher nicht mit gutem Beispiel voran, etwa wenn es um das Thema Work-Life-Balance geht: Ich liebe meine Arbeit, meine Arbeit ist mein Leben.  Aber mir behagt auch die Vorstellung nicht, dass andere Menschen so etwas wie eine Kopie von mir werden sollen. Man kann Menschen nicht ändern, man arbeitet mit dem, was jeder Mensch mitbringt. Deshalb verstehe ich mich als Mentorin - als jemand, der Teammitglieder ermutigt und sie unterstützt, sich zu entwickeln und das Beste aus sich herauszuholen.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für Ihre Zeit als Inge-Strauch-Gastprofessorin? 

EV: Ich möchte am Ende meiner Zeit als Gastprofessorin etwas zurücklassen können, vielleicht im Bereich "Unconscious Bias" – z.B. einen Prozess oder Leitgedanken. Ich entwickle noch verschiedene Ideen, aber sehe es als gute Gelegenheit, die EDI-Prozesse an den Universitäten Zürich und Sheffield zu vergleichen und Ideen auszutauschen. Ich würde mich auch gerne als Mentorin für Nachwuchswissenschaftler*innen zur Verfügung stellen, z.B. für Forschende, die Ratschläge für ihre erste akademische Stelle benötigen. Aufgrund meines Hintergrunds kann ich am besten unterstützen, wenn es sich um akademische Stellen im Vereinigten Königreich handelt.   

Welche Aktivitäten haben Sie neben der öffentlichen Vorlesung zum Thema "What reinforcement learning tells me about happiness" am 12. November noch geplant? 
EV: Ich habe den neuen Blockkurs Introduction to reinforcement learning vorgeschlagen, den ich, sofern er genehmigt wird, im Februar für Informatikstudent*innen unterrichten werde. Ich suche auch nach Möglichkeiten, zu anderen UZH-Kursen zu verwandten Themen beizutragen. Ausserdem arbeite ich mit Kolleg*innen am Institut für Neuroinformatik an verschiedenen Forschungstheme:  So erweitere ich beispielsweise unsere kürzlich in Scientific Reports veröffentlichte Arbeit, die wir gemeinsam mit Dr. Natacha Vanattou-Saifoudine, Dr. Wolfger von der Behrens und INI-Direktor Professor Giacomo Indiveri verfasst haben. Ich wende mich auch an andere Kolleg*innen am INI, an der MNF und der UZH, die sich für neuronale Netze und künstliche Intelligenz interessieren. Ausserdem habe ich einen Vortrag über rassistische künstliche Intelligenz vorgeschlagen, der von Dr. Shakir Mohamed, Google Deepmind, gehalten werden soll. Er wird von ALBA, dem Netzwerk für Gleichheit und Vielfalt in der Hirnforschung (https://www.alba.network/), organisiert. Ziel der Veranstaltung ist es, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass maschinelles Lernen nicht frei von Vorurteilen ist. Wenn man zum Beispiel Daten verwendet, die Verzerrungen enthalten, werden auch die Ergebnisse verzerrt sein. Die Methoden der künstlichen Intelligenz müssen daher auf Verzerrungen geprüft werden.

Wann haben Sie sich entschieden, eine Karriere als Wissenschaftlerin einzuschlagen?
EV: Meine Eltern waren beide nicht Wissenschaftler: Meine Mutter war Lehrerin, mein Vater Kapitän auf einem Handelsschiff. Meine Mutter ermutigte mich, jeden Beruf zu wählen, den ich wollte, und mein Vater sagte mir, dass das einzige wichtige Schulfach Mathematik sei. Forscherin zu werden war ein Prozess über mehrere Stufen. Bei jedem Schritt und jeder Stufe hatte und habe ich immer noch das Gefühl, dass ich nicht genug weiß, und ich habe immer noch weitere Fragen, auf die ich Antworten finden möchte. Meine Eltern haben mich auf jede erdenkliche Weise dabei unterstützt, Wissenschaftlerin zu werden.

Hatten Sie Vorbilder auf Ihrem Gebiet, und wer hat Sie in Ihrer Karriere als Forscherin unterstützt?
EV: Ich wiederhole mich, wenn ich sage, dass ich keine Anhängerin des Konzepts «Vorbild» bin bin. Aber sicherlich haben mir einige Leute geholfen oder die Art, wie ich Wissenschaft betreibe, beeinflusst. Dank EPFL-Professor Wulfram Gerstner und dem Umfeld, das er mir bot, begann ich schliesslich, Vertrauen in mich als Wissenschaftlerin zu haben. Viel Unterstützung erhielt ich auch von Professorin Carmen Sandi, die meine Mentorin bei "against the leaky pipeline" war, ebenfalls an der EPFL. Im Fachbereich Informatik der Universität Sheffield wird allen neuen Wissenschaftler*innen ein/e Mentor*in zugewiesen. Mein Mentor, Professor Rod Smallwood, ein emeritierter Informatikprofessor, stellte mir einige meiner besten Mitarbeiter*innen vor. Dies war eine große Hilfe. Ich möchte mich bei vielen Menschen bedanken, die mich in meiner Entwicklung positiv beeinflusst haben.

Was ist Ihre wichtigste Botschaft an einen jungen Menschen, der eine Karriere in der Forschung anstrebt?
EV: Stellen Sie sicher, dass Sie ein Thema erforschen, für das Sie sich wirklich begeistern, denn eine akademische Laufbahn ist anspruchsvoll und erfordert Ausdauer. Im Gegenzug bietet sie Freiheit und Flexibilität in einer Art und Weise, wie es die meisten anderen Tätigkeiten nicht tun.
 

Calista Fischer

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